Bürgeranregungen sind eine Chance

Pressemitteilung der Wählergemeinschaft „Pro Bockwurst“ zum aktuellen Diskurs über die Situation in den Ilmenauer Kindertagesstätten

Die Wählergemeinschaft „Pro Bockwurst“ betrachtet mit Sorge die aktuelle Entwicklung der kommunalpolitischen Auseinandersetzung um die Situation in den Ilmenauer Kindertagesstätten. Eltern hatten sich in einem offenen Brief mit konstruktiven Vorschlägen an die Stadt gewandt. Nach der Diskussion im Sozialausschuss des Stadtrates sehen sie sich nun mit fragwürdigen Vorwürfen konfrontiert. Die Rede ist von Partikularinteressen und Desinteresse an der Ausschussarbeit des Stadtrates. Die Vorschläge in der Sache drohen ins Hintertreffen zu geraten.

Den Vorwürfen tritt „Pro Bockwurst“ entschieden entgegen. „Der Förderverein der KiTa ‚Käthe Kollwitz‘ stellte sich im Benehmen mit den Stadtelternsprechern als Ansprechpartner zur Verfügung. Die im Elternbrief verarbeiteten Anregungen kamen aber insbesondere aus den städtischen KiTas.“, stellt Sebastian Möbes, Stadtrat für „Pro Bockwurst“ und bis vor kurzem Stellvertretender KiTa-Stadtelternsprecher, klar. Unbegründet findet er den Vorwurf mangelnden Interesses an der Stadtratsarbeit: „Die Ansprechpartner unter den Initiatoren wurden erfolgreich kontaktiert. Für sie war es jedoch terminlich nicht möglich am Ausschuss teilzunehmen. Um ein Treffen zu einem späteren Zeitpunkt wurde gebeten.“ Irgendjemanden der über 400 Unterschreiber einzuladen, hält er für wenig zielführend. Nicht bei allen Unterstützern handele es sich um thematische Experten.

Imageverlust vermeiden

Gar einen drohenden Imageschaden für die städtische Kommunalpolitik befürchtet Gunther Kreuzberger, ebenfalls Stadtrat und derzeit Kopf der Wählervereinigung. „Viele Eltern verbinden mit der Wahl von Daniel Schultheiß zum Oberbürgermeister und der Stärkung des ihn unterstützenden ‚Wahlbündnisses für Ilmenau‘ im Stadtrat die Hoffnung, mehr als bisher Gehör in der Stadt zu finden und sich als Bürgerinnen und Bürger beteiligen zu können. Einen von über 400 Unterstützern mitgetragenen Brief in wesentlichen Teilen abzutun, wäre ein Schritt zurück.“, ist sich Kreuzberger sicher und mahnt eine Auseinandersetzung auf der Sachebene an.

Zentrales Vergabeverfahren kommt

An der Etablierung des gewünschten zentralen Anmelde- und Vergabesystems arbeitet die Stadt bereits selbst. Auch bei der stärkeren Einbeziehung des Stadtelternsprechers zeichnet sich Bewegung ab. Er wird wohl künftig an den Sitzungen des Sozialausschusses teilnehmen können. Die von den Eltern genannten Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen sollte nach den Vorstellungen von „Pro Bockwurst“ aufgegriffen und als Anregung verstanden werden. „Wer dies als Kritik an der persönlichen Arbeit versteht, benimmt sich gerade wie der sprichwörtliche bellende Hund.“ sind sich Möbes und Kreuzberger einig.

Smartes Beschwerdemanagement angeregt

Die Umsetzung eines Weiterbildungsplanes hält „Pro Bockwurst“ für selbstverständlich. Schulungen zu Teamkommunikation und zum sensiblen Umgang mit personenbezogenen Daten greifen nur aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen auf.

In der Etablierung eines Beschwerdemanagements für Eltern – und im übrigen auch für die Angestellten der Stadt – sieht die Wählervereinigung eine riesige Chance, Qualität zu sichern und zu verbessern. Nur wer die eigenen Schwachstellen kennt, kann sich auch weiterentwickeln.

Für „Pro Bockwurst“ ist diese Anregung zudem ein weiterer Baustein für die „Smart City Ilmenau“: Ein ggf. anonymes Beschwerdemanagementsystem lässt sich hervorragend digital umsetzen und ermöglicht die direkte Bearbeitung durch die zuständige Stelle. Völlig zurecht weisen die Eltern im Gespräch auf den Umstand hin, dass zuerst das pädagogische Personal in den Einrichtungen die elterliche Kritik abbekommt, wenn die Stadt unpopuläre Entscheidungen trifft. „Eine Erzieherin sollte mit den Eltern den Tages- und Wochenablauf in der Gruppe besprechen und nicht die Kita-Schließzeit rechtfertigen müssen.“, so Möbes dazu. Externes wie auch internes Beschwerdemanagement sollte als Anregungsmanagement und nicht als Meckerecke begriffen werden. Natürlich gehört dazu, Beschwerden konstruktiv vorzutragen. Es gehört aber auch dazu, die vorgebrachten Punkten konstruktiv zu behandeln.

Ausstattung und Personal entwickeln

Eine im Elternbrief gar nicht erwähnte, im Stadtrat jedoch intensiv diskutierte Frage dreht sich um die räumliche und personelle Ausstattung der Ilmenauer KiTas. An der Ausweitung des Platzangebotes und der Aufwertung vorhandener Räumlichkeiten arbeitet die Stadt gerade. Natürlich kann nicht alles gleichzeitig geschehen. „Pro Bockwurst“ wirbt deshalb auch um Verständnis dafür, dass Engpässe im Platzangebot nicht kurzfristig, wohl aber mittelfristig gelöst werden können.

Eine wesentlich größere Herausforderung sieht die Wählervereinigung in der Gewährleistung der personellen Ausstattung in den Ilmenauer Kitas, sowohl in den städtischen, als auch in den Einrichtungen in freier Trägerschaft. Gegenseitige Vorwürfe einer „Personalabwerbung“ oder „mangelnder Kreativität bei der Personalakquise“ verfehlen das Ziel. Ursache ist letztlich die mit dem neuen Thüringer KiTa-Gesetz verabschiedete, durchaus positive Entwicklung des Betreuungsschlüssels. Sie ermöglicht die Umsetzung zeitgemäßer pädagogischer Konzepte überhaupt erst. Während sich der Betreuungsschlüssel mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes schlagartig ändert, ist das bei der personellen Entwicklung aber nicht der Fall. Sebastian Möbes geht noch weiter, indem er feststellt, dass „eine Lücke klafft zwischen dem notwendigen Personal um ein zeitgemäßes Konzept zu erfüllen und dem Minimum an Personal, was das Gesetz vorschreibt.“ Die Stadt selbst hat es in der Hand, dieses Gesetz nicht nur minimal zu erfüllen.

Betreuungsstandards erhöhen

Mit Blick auf von ihm im Stadtrat vorgetragene Fragen führt Möbes weiter aus: „Der Vorwurf der Aufbewahrungsstätte ist häufig nicht aus der Luft gegriffen. Der im Gesetz stehende Personalschlüssel gilt nicht für jeden Gruppenraum zu jeder Zeit, sondern für die gesamte Einrichtung und bestimmt nur das Mindestmaß des einzustellenden Personals. Krankheit und Urlaub ist das eine Problem, was dafür sorgt, dass ein Konzept nicht umgesetzt werden kann. Vergleichbar ist dies mit der Schule: Ist die Person für die Englischaktivität nicht da, fällt dies aus. Fehlt eine Betreuung, um mit den Kindern in den Wald zu gehen, fällt dies aus.“

Genau das Gleiche gelte im Gesetz für den Platzbedarf in der Einrichtung. Auch hier wird nicht die Anzahl der Räume beachtet. Wichtig sei lediglich der pädagogisch nutzbare Raum und der Ruheraum in der gesamten Einrichtung. „Dieser wird natürlich ohne Einwände erfüllt.“, stellt Möbes mit Verweis auf das Antwortschreiben der Stadt fest. Dennoch findet er es logischer, wenn für jeden Gruppenraum eine maximale Kinderanzahl und eine minimale Personalanzahl vorgegeben wird. Die Stadt und die freien Trägern könnten das für ihre Einrichtungen als Moment der Qualitätssicherung durchaus bestimmen.

Praxisintegrierte Ausbildung kommunal fördern

Handlungspotenziale sieht die Wählervereinigung nicht zuletzt bei der Personalentwicklung. Der Wille den Beruf des/der ErzieherIn zu erlernen ist durchaus bei vielen jungen Leuten da. Die Ausbildung ist jedoch durch ihre Dauer und die damit verbundenen Kosten äußerst unattraktiv. In Thüringen läuft ein zweijähriges Pilotprojekt für die praxisintegrierte Ausbildung in diesem Beruf. Dafür gab es viel mehr Bewerbungen als verfügbare Stellen. Selbst wenn nach zwei Jahren die Projektergebnisse positiv sein werden, so ist die Anschlussfinanzierung fraglich. Nach Auffassung von „Pro Bockwurst“ ist es daher an der Kommune, die Ausbildung zu fördern, um Nachwuchs frühzeitig zu generieren. So wäre ein Stipendium denkbar, um u.a. das Schulgeld zu finanzieren. Vergabevoraussetzung könnte bspw. ein FSJ sein, wodurch bereits praktische Erfahrung gefördert wird. Ganz in diesem Sinne wird sich die Wählervereinigung konstruktiv in die weitere Auseinandersetzung mit der KiTa-Situation in Ilmenau einmischen.